Leben und Lernen in der digitalen Gesellschaft
„Filmische Zeichen und ihre Wirkungen grundlegend verstehen und gestalterisch nutzen zu können ist und bleibt für die Orientierung in der Welt der bewegten Bilder unverzichtbar. Über die Beschäftigung mit Film in all seinen Ausprägungen und Formaten leistet Filmbildung einen unvermindert wichtigen, aktuellen Beitrag zu umfassender audiovisueller Alphabetisierung.“
(aus: Filmbildung - kompetenzorientiertes Konzept für die Schule, Länderkonferenz Medienbildung und VISION KINO, überarbeitete Fassung von 2015)„Jedes Fach beinhaltet spezifische Zugänge zu den Kompetenzen in der digitalen Welt durch seine Sach - und Handlungszugänge. Damit werden spezifische Fach-Kompetenzen erworben, aber auch grundlegende (fach-)spezifische Ausprägungen der Kompetenzen für die digitale Welt. Die Entwicklung der Kompetenzen findet auf diese Weise (analog zum Lesen und Schreiben) in vielfältigen Erfahrungs- und Lernmöglichkeiten statt.“
(aus: Bildung in der digitalen Welt, Kultusministerkonferenz 2016)
Die "digitale Revolution"
Was in den 1960er Jahren zunächst als Kommunikationsnetzwerk für das Militär und Hochschulen entwickelt wurde, ist spätestens seit der Jahrtausendwende für Millionen von Menschen auf der ganzen Welt nicht mehr aus dem Alltag wegzudenken: Das Internet als allumfassendes Instrument für Bildung, Arbeit und Freizeit ist für viele heute existenzieller Bestandteil des Lebens.
Während das Internet in den 1990er Jahren noch vorwiegend der Informationsgewinnung diente und seine Nutzung auf ein paar wenige Medien beschränkte, ist es spätestens seit der weitreichenden Einführung der internetbasierten, mobilen Endgeräte auch Mittel zur weitreichenden Informationsverbreitung. Als Nutzer*innen unterschiedlicher digitaler Medien sind wir heute nicht mehr nur Konsument*innen, sondern zugleich auch Produzent*innen von digital verfügbaren Informationen.
Das Internet und die digitalen Medien verändern damit heute stetig Funktionszusammenhänge von gesellschaftlichen, wirtschaftlichen und politischen Strukturen: Millionen von Menschen teilen und verbreiten Informationen, Fotos und Bewegtbilder; schaffen und verändern audiovisuelle Inhalte. Wir bewegen uns in Räumen, in denen neue Möglichkeiten der sozialen Teilhabe und der kreativen Entfaltung entstehen; neue Formen der Kommunikation, Mitbestimmung und Zusammenarbeit bilden sich heraus, Arbeitsabläufe verändern sich. Das bedeutet aber zugleich, dass wir uns auch in neuen Macht- und Rechtsstrukturen zurechtfinden müssen, in denen Rechtsfragen neu ausgelotet bzw. neu betrachtet werden müssen. Längst sind wir in der „digitalen Revolution“ angekommen.
Datenschutz, Persönlichkeitsrecht, Urheberrecht
In diesem digitalen demokratischen Raum verschieben sich auch unsere Rechte und Pflichten. Datenschutz-, persönlichkeits- und urheberrechtliche Fragen müssen neu ausgelotet bzw. unter den gegebenen Bedingungen neu betrachtet werden. Urheber- und Nutzungsrechte spielen nicht nur in der Freizeit und im Privatleben, sondern auch am Arbeitsplatz und im mediengestützten Unterricht eine Rolle.
Die Kultusministerkonferenz hält in ihrem Beschluss „Medienbildung in der Schule“ vom 8. März 2012 vor diesem Hintergrund fest, dass „durch die hohe Verfügbarkeit von digitalen Medien und deren zunehmende Interaktivität […] die Schulen auch vor neuen rechtlichen Herausforderungen [stehen]: Vor allem auf den Gebieten Datenschutz, Jugendschutz und Persönlichkeitsrecht, Urheber- und Lizenzrecht müssen Schülerinnen und Schüler, Lehrkräfte, Schulleitungen und Eltern sensibilisiert und unterstützt werden.“
Auch das Strategiepapier „Bildung in der digitalen Welt“ der Kultusministerkonferenz vom 8. Dezember 2016 benennt die „Fragen des Persönlichkeits- und Urheberrechts, des Datenschutzes [und] des Jugendmedienschutes“ als Grundlage für die Bildungsarbeit in der digitalen Gesellschaft und betont neben den neuen infrastrukturellen und personellen auch die rechtlichen Rahmenbedingungen, die geschaffen werden müssen. Darüber hinaus stellt die KMK in ihrem Strategiepapier fest, dass es eines Kompetenzrahmens bedarf, der „mit Blick auf die konkreten Anforderungen für eine schulischen „Bildung in der digitalen Welt“ über die bisher entwickelten Konzepte zur Medienbildung hinaus[geht]“ und „als Grundlage für die künftige Überarbeitung von Bildungs-, Lehr- und Rahmenlehrplänen der Unterrichtsfächer durch die Länder“ fungieren soll.
Die Weiterentwicklung des Bildungsauftrags der Schulen in der digitalen Welt
Im digitalen Zeitalter sind bestehende Lehr- und Lernmethoden einem stetigen Wandel unterzogen. Nicht nur die Organisationsformen haben sich hier geändert, auch informationstechnische und -theoretische Aspekte müssen in der Unterrichtsgestaltung berücksichtigt und zunehmend komplexere Urheberrechtsfragen bedacht werden. Die Lehrpläne fordern, neben den Bildungsmedien auch solche Medien in den Unterricht mit einzubeziehen, die nicht explizit für den Bildungsbereich geschaffen oder produziert wurden. So zum Beispiel auch das Medium „Film“. Was erlaubt ist und was nicht, wenn wir mit Filmen im Unterricht arbeiten; welche Rechte und Pflichten wir haben, wenn wir mit Medien kommunizieren oder Medien produzieren und welche Chancen und Perspektiven sich auftun können, wenn wir von diesen Rechten und Pflichten wissen – dies sind Fragen, die nahezu alle Lebensbereiche betreffen und unter dem Aspekt der Film- und Medienbildung fächerübergreifend behandelt und in den Unterricht mit einbezogen werden müssen.
Praxiswerkzeug: Die Webseite „Wer hat Urheberrecht?!“ als Material- und Informationsplattform
Daran anknüpfend unterstützt die Webseite „Wer hat Urheberrecht?!“ als Material- und Informationspool für Lehrkräfte der Grund- und Oberschulen mit umfangreichen Unterrichts- und Hintergrundmaterialien die Weiterentwicklung des Bildungsauftrags in der digitalen Welt.
Grundlage der pädagogischen Materialien bilden dabei das kompetenzorientierte Konzept „Filmbildung“ der Länderkonferenz Medienbildung (AK Filmbildung) und das Strategiepapier „Bildung in der digitalen Welt“ der Kultusministerkonferenz (KMK). Beide Konzepte spiegeln mit ihren sowohl fächer- als auch bundesländerunabhängig formulierten Kompetenzen den länderübergreifenden Ansatz zur Förderung der Film- und Medienkompetenz der VISION KINO wider und haben die Auseinandersetzung mit urheberrechtlichen Fragen in allen Kompetenzbereichen verankert:
So spielt die Vermittlung von Urheber- und Nutzungsrechten nicht nur im Rahmen der Informations-gewinnung, zum Beispiel bei der Suche und Prüfung, der Auswahl und Bewertung oder dem Speichern und Abrufen von Quellen und Informationen eine entscheidende Rolle, sondern auch im Bereich der Medienproduktion und -präsentation, wenn es um die rechtlichen Vorgaben bei der Produktion, Weiterverarbeitung und Integration unterschiedlicher Medienformate (Urheber- und Nutzungsrechte bei fremden Werken; Jugendmedienschutz, etc. bzw. Plattformfragen, Nutzung sozialer Netzwerke) geht. Für die Kommunikation und Kooperation mit Medien ist das Wissen über Urheber- und Persönlichkeitsrechte wiederum ausschlaggebend für eine verantwortungsbewusste Kommunikation und die mediengestützte handlungsorientierte Teilhabe an der Gesellschaft. Rechtliche Grundlagen sind hier auch daher von Bedeutung, weil wir beim Interagieren auch Informationen teilen oder zusammenführen und damit umfassend in der Rolle der Prosumers, das heißt, in unserer Rolle als Produzent*in und Konsument*in, agieren. Auch die Bereiche Schützen und sicher Agieren oder Problemlösen und Handeln treffen an den unterschiedlichsten Stellen auf urheberrechtlich relevante Aspekte, etwa wenn es um das Reflektieren und Berücksichtigen von rechtlichen Bedingungen im digitalen Raum geht oder darum, wie grundlegende Prinzipien der digitalen Welt funktionieren und welche Anforderungen digitale Umgebungen mit sich bringen. Im Bereich der Medienanalyse wiederum ist das Wissen über Persönlichkeitsrechte und Datenschutz in der Auseinandersetzung mit der Bedeutung und Wirkung von Medienangeboten von Bedeutung und für das Verstehen und das Reflektieren unserer Mediengesellschaft kommen wir an der Diskussion um die Bedeutung von Urheberrecht und geistigem Eigentum im digitalen Zeitalter ebenfalls nicht herum.
Die Unterrichtsmaterialien für alle Lerngruppen ab der 3. Klasse laden Kinder und Jugendliche ein, sich in altersgerechten Modulen anhand des Gegenstandsbereichs „Film“ mit Fragen des Urheber- und Persönlichkeitsrechts zu beschäftigen. Über lebensweltnahe Beispiele wird den Schüler*innen dabei der Wert geistiger Schöpfungen nahegebracht, wirtschaftliche Zusammenhänge werden nachvollziehbar erklärt und die Sinnhaftigkeit bestimmter Reglementierungen werden verständlich gemacht. Mit unterschiedlichen Methoden und Techniken sowie der Verknüpfung von Texten, Bildern, Filmausschnitten und Interviews mit Filmschaffenden und Expert*innen werden dabei unter dem Schwerpunkt „Film“ neue Perspektiven auf unsere Rechte und Pflichten im digitalen demokratischen Raum eröffnet. Niveaudifferenzierungen ermöglichen dabei die flexible Anpassung der Materialien auf die gegebenen Lernsituationen.
Um Lehrer*innen bei ihrer Arbeit mit Film im Unterricht zu beraten und Schüler*innen in der Medienrezeption und -poduktion zu unterstützen, ist die Webseite zugleich auch Informationsplattform. In den Infotheken werden informationstechnische und urheberrechtliche Fragen geklärt, Hintergrundinformationen und Fallbeispiele präsentiert und Möglichkeiten aufgezeigt, wie mit Film im Unterricht unter expliziter Thematisierung und Berücksichtigung von datenschutz-, persönlichkeits- und urheberrechtlichen Aspekte gearbeitet werden kann.
Die Webseite „Wer hat Urheberrecht?!“ bietet damit die Möglichkeit zur Umsetzung der beiden grundlegenden Ziele des Strategiepapiers „Bildung in der digitalen Welt“: Die fächerübergreifend angelegte Vermittlung von Kompetenzen für ein Leben in der digitalen Welt und der Aufbau digitalter Lernumgebungen zum Erwerb der neuen Kulturtechnik, dem kompetenten Umgang mit digitalen Medien.