Urheberrechtsverletzungen
Konsequenzen von Urheberrechtsverletzungen
Durch das Internet und die modernen Kommunikationstechnologien wächst unsere Welt immer stärker zusammen. Mehr und einfacher denn je haben wir heute die Möglichkeit, auf Inhalte zuzugreifen, Inhalte auszutauschen oder selbst zu generieren. Nahezu flächendeckend ausgebaute Internetzugänge und die Verfügbarkeit von mobilen Endgeräten erlauben uns, beinahe jederzeit und allerorts Daten herunter zu laden, hoch zu laden und zu verschieben. Informationen werden digital ausgelagert. Fotos digital ausgetauscht, Filme auf dem Smartphone angeschaut, Videos von Privatpersonen ins Internet gestellt. Doch die Welt wächst dadurch nicht nur enger zusammen, sie wird gleichzeitig auch komplexer und undurchsichtiger.
In dieses komplexe Geflecht fallen auch die rechtlichen Vorgaben, an die man sich sowohl analog als auch digital zu halten hat. Tauscht man heutzutage Daten aus, so hat man etliche rechtliche Themengebiete zu achten. Dazu gehört bspw. das Datenschutzrecht, die allgemeinen Persönlichkeitsrechte, aber auch das Urheberrecht als teilweise ideelles, teilweise wirtschaftlich verwertbares Recht. Der wirtschaftlich verwertbare Teil des Urheberrechts sorgt dann auch dafür, dass Verletzungen des Urheberrechts zu großen Schäden führen können, und dies nicht nur für die Inhaber*innen der Rechte, die in der wirtschaftlichen Verwertung behindert werden. Auch für die Allgemeinheit können Schäden entstehen, wenn etwa die gesamte Volkswirtschaft beeinträchtigt ist, aber auch kulturelle und gesamtgesellschaftliche Konsequenzen wirken sich auf die Allgemeinheit aus. Um diese negativen Folgen zu vermeiden, ist insbesondere für das Urheberrecht ein weitreichendes und komplexes Regelwerk entstanden. Zur Durchsetzung dieses Regelwerks sind dabei sowohl strafrechtliche als auch zivilrechtliche Maßnahmen implementiert worden.
Im Bereich des Strafrechts sind bspw. sowohl Geld- als auch Haftstrafen von bis zu fünf Jahren vorgesehen. Über das Zivilrecht wird dem*der Geschädigten u.a. die Möglichkeit einräumt, Schadensersatz zu verlangen, den er durch eine Urheberrechtsverletzung erlitten hat. Zudem obliegt es zumeist dem Verurteilten, die Anwalts- und Gerichtskosten zu tragen.
Volkswirtschaftliche Konsequenzen
Durch Raubkopien und Produkt-Plagiate gehen dem Staat jedes Jahr hohe Summen an Steuereinnahmen verloren, die für wichtige Investitionen fehlen. Hinzu kommen fehlende Einnahmen oder gar Verluste der Unternehmen, die von der Raubkopier-Problematik betroffen sind. Das sind zum einen z.B. Kinobetreiber*innen, Videothekeninhaber*innen oder Einzelhändler*innen, die über mangelnde Besucher*innen und Kunden klagen. Zum anderen führt das Raubkopieren dazu, dass über die verschiedenen Stufen der so genannten Kaskadenauswertung nicht mehr genug eingespielt wird, um die Kosten eines Filmes zu decken, worunter v.a. die Produktionsfirmen leiden. Allein in der Filmbranche belaufen sich die durch illegale Filmkopien verursachten Verluste alljährlich schätzungsweise auf mehrere hundert Millionen Euro.
Langfristig schwächen Raubkopien die gesamte Filmwirtschaft und alle daran hängenden Gewerbe. Damit sind auch die zahlreichen Berufe und Arbeitsplätze in Gefahr, die es braucht, um einen Film zu produzieren und dem Publikum zu zeigen.
Kulturelle Konsequenzen
Ein Film ist eine kreative Leistung und ein kulturelles Produkt. Wenn Produktionsvorhaben damit rechnen müssen, dass nicht einmal die Herstellungskosten gedeckt werden können, lohnen sich nur noch solche Produktionen, die dies sicherstellen. Denn neben jeder Menge kreativer und produktiver Leistung ist für eine Filmproduktion auch sehr viel Geld notwendig, das nach und nach durch die so genannte Kaskadenauswertung wieder eingespielt werden muss. Nur so kommt ein Film überhaupt in die Gewinnzone. Wenn die stufenweise Auswertung des Films bereits in den ersten Auswertungsebenen durch die Verbreitung illegaler Raubkopien unterbrochen wird, ist damit nicht nur der Erfolg in allen anderen Stufen gefährdet, sondern es steht auch die Realisierung zukünftiger Projekte auf dem Spiel. Filmisches Wagnis und kulturelle Vielfalt werden zunehmend eingeschränkt!
Darüber hinaus mindert Raubkopieren den künstlerischen Wert des Originals. Das illegale Kopieren und/oder Verbreiten von geschaffenen Werken ohne Achtung des Urheberrechts stellt jedes Mal eine Missachtung der kreativen Leistung eines*einer Künstlers*Künstlerin dar und trägt auf diese Weise zu einem kulturellen Werteverlust bei.
Persönliche und gesellschaftliche Konsequenzen
Das Downloaden von Filmen aus dem Internet birgt viele auf den ersten Blick nicht absehbare Risiken: Auf gesellschaftlicher Ebene ist besonders der Schutz der Jugend betroffen, denn in sogenannten File-Sharing-Systemen wird neben Film- und Musikraubkopien oftmals auch indiziertes oder pornografisches Material angeboten.
Darüber hinaus sind illegal herunter geladene Dateien nicht selten viren-, würmer- oder trojanerverseucht und beim Download wird so genannte Spyware mitinstalliert, die das Nutzungsverhalten sowie wichtige Daten der User ausspioniert und übers Internet verschickt. Betroffen sind z.B. Bank- und Kreditkartendaten oder vertrauliche E-Mails.
Straf- und zivilrechtliche Folgen
Strafrechtliche Folgen
Begeht man eine Urheberrechtsverletzung, kann dies sowohl strafrechtliche als auch zivilrechtliche Folgen nach sich ziehen. Diese schließen sich im Übrigen nicht aus, sodass es möglich ist, dass man mit verschiedenen Mitteln gleichzeitig zur Verantwortung gezogen wird. Die strafrechtliche Seite wird dabei vom Staat abgedeckt, d.h. bei einer Urheberrechtsverletzung, die strafrechtlich relevant ist, ermittelt die Staatsanwaltschaft mit Hilfe der Polizei. Kommt es hier zu einem ausreichenden Verdacht, wird eine Anklage erhoben, es folgt also eine gerichtliche Auseinandersetzung. Wird in dieser festgestellt, dass tatsächliche eine Urheberrechtsverletzung im strafrechtlichen Sinne erfolgt ist, sind empfindliche Strafen die Folge.
Die strafrechtlichen Vorschriften finden sich in den §§ 106 ff. Urheberrechtsgesetz (UrhG). Wie im allgemeinen Strafgesetzbuch finden sich auch im Urheberstrafrecht diverse Straftatbestände. Es ist also ganz konkret festgelegt, welche Verstöße gegen das Urheberrechtsgesetz zu einer strafrechtlichen Sanktion führen können. Ein anderweitiges Verhalten kann zumindest nicht strafrechtlich sanktioniert werden, wenn es nicht nach Vorschriften in anderen Gesetzen ausdrücklich mit einer Strafe bewehrt ist.
Mit einer Sanktion muss beispielsweise rechnen, wer außerhalb der gesetzlich zugelassenen Fälle ohne Einwilligung des Berechtigten ein Werk oder eine Bearbeitung oder Umgestaltung eines Werkes vervielfältigt, verbreitet oder öffentlich wiedergibt. Hier droht eine Geldstrafe oder sogar eine Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren.
Ebenfalls mit einer Geldstrafe oder einer Freiheitsstrafe von bis zu drei Jahren muss derjenige rechnen, der auf einem Original-Werk der bildenden Kunst ohne den Willen des Urhebers*der Urheberin dessen*deren Urheberbezeichnung anbringt. Selbiges gilt für das Anbringen der Urheberbezeichnung auf einem Vervielfältigungsstück, einer Bearbeitung oder Umgestaltung eines Werkes der bildenden Kunst, wenn dadurch der Eindruck erweckt wird, es handele sich um ein Original.
Weiterhin stellt das Gesetz bestimmte Eingriffe in die verwandten Schutzrechte unter Strafe, bspw. wenn man ohne Einwilligung des Berechtigten Lichtbilder vervielfältigt, verbreitet oder wiedergibt oder Tonträger, Funksendungen, Datenbanken oder Auftritte ausübender Künstler verwertet. Das Strafmaß ist auch hier mit Geldstrafe und Freiheitsstraße bis zu drei Jahren festgelegt.
Bei diesen Straftatbeständen muss der Erfolg gar nicht eintreten bzw. die Handlung nicht vollständig ausgeführt worden sein, denn es reicht jeweils der Versuch der Verletzung.
Für den Fall einer gewerbsmäßig begangenen Verletzung der vorgenannten Straftatbestände sieht das UrhG sogar eine Freiheitsstrafe von bis zu fünf Jahren vor. Gewerbsmäßig handelt dabei jeder, der sich durch die wiederholte Begehung von Urheberrechtsverletzungen eine nicht nur vorrübergehende Einnahmequelle von einigem Umfang und einiger Dauer verschaffen möchte. Liegt diese Absicht vor, so genügt bereits die erstmalige Tatbegehung, auch wenn es gar nicht zu weiteren Taten kommt.
Zuletzt sind auch unerlaubte Eingriffe in technische Schutzmaßnahmen und zur Rechtewahrnehmung erforderliche Informationen strafbar, wobei das Strafmaß hier eine Geldstrafe oder eine Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr vorsieht. Umfasst ist von diesem Tatbestand beispielsweise die Umgehung eines Kopierschutzes. Wer gewerbsmäßig handelt, muss hier mit einer Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren rechnen. Hier reicht der Versuch der Tatbegehung nicht aus.
Neben den Strafvorschriften sind auch Bußgeldvorschriften im UrhG aufgeführt, die sich weitgehend auf die Umgehung technischen Schutzmaßnahmen beziehen. Begeht man eine der genannten Ordnungswidrigkeiten, muss man mit einem Bußgeld von bis zu 50.000€ rechnen.
Zivilrechtliche Folgen
Während die strafrechtlichen Folgen von staatlicher Stelle eingeleitet werden, handeln auf zivilrechtlicher Ebene die Rechteinhaber selbst. Sind diese der Meinung, eines ihrer urheberrechtlichen Rechte sei verletzt worden, so können sie gegen den Verursacher der Verletzung vorgehen. Dafür stehen mehrere Maßnahmen zur Verfügung.
Die mittlerweile häufigste Maßnahme im Falle einer Urheberrechtsverletzung ist die Abmahnung des Verletzers. Diese stellt zunächst die abgemahnte Verletzung fest und verfolgt danach ein dreiteiliges Begehren.
Zunächst wird der Verursacher der Verletzung zur Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung aufgefordert. Hierdurch verpflichtet er sich, in der Zukunft das abgemahnte Verhalten nicht mehr zu wiederholen. Kommt es dennoch zu einer Wiederholung, so muss eine Strafzahlung geleistet werden.
Weiterhin enthält die Abmahnung in der Regel eine Aufforderung zur Zahlung eines erheblichen Geldbetrages, in der Regel die „Abmahnkosten“. Diese liegen zunächst je nach Verletzung im drei- bis vierstelligen Bereich. In besonders schwerwiegenden Fällen können auf fünfstellige Beträge verlangt werden.
Zuletzt enthält eine Abmahnung regelmäßig ein Auskunftsverlangen, bspw. ob mit der Verletzung Einnahmen generiert worden sind.
Die möglichen zivilrechtlichen Folgen erschöpfen sich jedoch nicht in der Abmahnung. Als intensiveres Mittel ist beispielsweise die einstweilige Verfügung denkbar. In einem solchen Fall wird ein Richter in einem vorläufigen Verfahren mit dem Sachverhalt konfrontiert und es ergeht eine vorübergehende gerichtliche Verfügung, ohne dass ein langwieriges Verfahren geführt werden muss. Häufig wird diese Maßnahme genutzt, wenn es um das schnelle Eingreifen gegen gewerbsmäßige Verletzer geht oder aber eine Abmahnung schlichtweg ignoriert wird.
Als intensivstes Mittel ist die Einleitung eines zivilrechtlichen Klageverfahrens denkbar. In einem solchen Fall wird bei Gericht Klage gegen den Verursacher der Verletzung eingereicht. In einem Verfahren wird sodann ermittelt, ob der in der Klage aufgenommene Vorwurf der Wahrheit entspricht. Wird der Verursacher verurteilt, so ist er zur Leistung verpflichtet.
Während die strafrechtlichen Folgen in erster Linie einen Strafcharakter aufweisen, geht es den Rechteinhabern insbesondere um die Unterlassung zukünftiger Verletzungen und den Ersatz des entstandenen Schadens. Dies wird oft mit dem Anspruch auf Vernichtung oder Überlassung der Vervielfältigungsstücke und/oder deren Vorrichtungen zu deren Herstellung gekoppelt.
Die zivilrechtlichen Folgen können dabei finanziell sehr einschneidend sein. Angenommen, die Verletzung liegt darin, dass ein Film 1.000 Mal illegal vervielfältigt wurde, könnte der Rechteinhaber vom Verursacher der Verletzung für jede Kopie Schadensersatz in Form einer angemessenen Lizenzgebühr verlangen. Deren Höhe wird oftmals auf der Grundlage eines Anteils (30%) des Händlerabgabepreises ermittelt. Geht man von einem durchschnittlichen Preis von zwölf Euro pro Film aus, ergäbe sich eine Schadensersatzforderung in Höhe von 3.600 Euro. Keine Rolle spielt dabei, ob die Kopien auch tatsächlich verkauft werden konnten und zu welchem Preis. Daneben muss man mit hohen Anwalts- und Gerichtskosten in Höhe von mehreren Tausend Euro rechnen.
Ungleich höher können Forderungen ausfallen, wenn aktuelle Kinofilme illegal vervielfältigt werden. Der Rechteinhaber kann hier hervorbringen, dass die für die Schadensersatzberechnung anzusetzende Lizenzgebühr nicht der fiktive Händlerabgabepreis ist, sondern vielmehr der Preis, den ein Hersteller von Medien zahlen müsste, um den Film während der Kinoauswertung verkaufen zu dürfen. Dieser Preis dürfte um ein Vielfaches höher sein als der Händlerabgabepreis. Gleiches gilt für das illegale Online-Angebot von Kinofilmen: Hier kann die Schadensersatzforderung für einen einzigen (!) Film durchaus einen sechsstelligen Betrag ausmachen.
Fälle
Filme auf USB-Stick am Arbeitsplatz mitgenommen
Im Februar 2016 nahm das FBI einen Mann fest, der verschiedene Filme geleaked hatte. Der Mann arbeitete in der Unterhaltungsindustrie und hatte die Filme „The Revenant“ und „Die Peanuts – Der Film“ auf einer Streaming-Plattform online gestellt. Hierfür hatte der Mann die Filme im Filmstudio schlichtweg auf einen USB-Stick geladen und mit nach Hause genommen.
Quellen: https://torrentfreak.com/fbi-busts-movie-industry-insider-for-dvd-screener-leaks-160228/ https://torrentfreak.com/hollywood-fights-screener-leaks-with-thousands-of-takedowns-151224/
„Eltern haften für ihre Kinder“
2007 wurden Eltern verklagt, weil ihr Kind sich über ihren Internetanschluss Filme und Musik illegal im Wege des Filesharings besorgt hatten; in solchen „Tauschbörsen“ werden die heruntergeladenen Inhalte gleichzeitig auch anderen zum Download angeboten. Der Rechtsstreit ging bis zum Jahre 2015, in welchem der BGH feststellte, dass Eltern unter dem Gesichtspunkt der Verletzung ihrer Aufsichtspflicht für eine durch die zu beaufsichtigende Person widerrechtlich herbeigeführte Urheberrechtsverletzung verantwortlich sind. Sie sind dazu verpflichtet, die Internetnutzung ihres minderjährigen Kindes zu beaufsichtigen, um eine Schädigung Dritter durch eine Urheberrechte verletzende Teilnahme des Kindes an Tauschbörsen zu verhindern. Allerdings genügen Eltern ihrer Aufsichtspflicht über ein normal entwickeltes Kind, das ihre grundlegenden Gebote und Verbote befolgt, regelmäßig bereits dadurch, dass sie das Kind über die Rechtswidrigkeit einer Teilnahme an Internettauschbörsen belehren und ihm eine Teilnahme daran verbieten. Nicht ausreichend ist es insoweit, dem Kind nur die Einhaltung allgemeiner Regeln zu einem ordentlichen Verhalten aufzugeben. Unter Umständen kommen daher auf die Eltern von Kindern, welche sich im Internet an illegalen Quellen bedienen, weitreichende Konsequenzen zu. BGH, Urteil vom 11.6.2015 – Az. I ZR 7/14
Der Fall kino.to – ein historisches Beispiel
Mit der Schließung von kino.to durch die Integrierte Ermittlungseinheit Sachsen (INES) ging im Juni 2011 einer der schwersten Fälle von Urheberrechtsverletzungen im Internet zu Ende. Die illegale Webseite gehörte zu einer der am meisten besuchten deutschsprachigen Streaming-Angebote. Was die Nutzer*innen solcher Seiten oft nicht erkennen: Die scheinbar kostenlose Bereitstellung neuester Filme erfolgt nicht etwa gutmütig, sondern basiert auf dubiosen Geschäftspraktiken, mit denen die Betreiber viel Geld machen. So tappten die Besucher von kino.to z.B. häufig in Abo-Fallen, die nicht ohne Weiteres erkennbar waren und unfreiwillig zum Abschluss kostenpflichtiger Abonnements führten.
Dass die Drahtzieher von kino.to lange unerkannt bleiben konnten, lag an der professionell organisierten Struktur des kriminellen Systems kino.to. Das unscheinbare Kürzel .to verweist dabei auf das Insel-Königreich Tonga im Südpazifik, das viel Geld mit dem Verkauf von Internetdomains verdient. Den Eigentümern der Domains wird höchste Diskretion zugesichert und die Kooperation mit internationalen Behörden wird abgelehnt – eine perfekte Grundlage für dubiose Geschäftemacherei. Um den Standort der Server zu verschleiern wurden so genannte Proxy-Server verwendet. Diese verhindern, dass die wahre Adresse der Server preisgegeben wird. Zudem mieteten die Kriminellen Rechnerkapazitäten im vermeintlich sicheren Ausland an, um sich einer Strafverfolgung in Deutschland zu entziehen. So wurde im Fall kino.to der Standort der Server mehrfach gewechselt und die Webseite wurde von einem niederländischen Rechenzentrum in ein russisches verlagert.
Nach der Schließung von kino.to im Juni 2011 begannen die Gerichtsprozesse gegen die Hintermänner des illegalen Streaming-Portals. Die Anklage gegen die Hauptverantwortlichen lautet:„gemeinschaftliche und gewerbsmäßige unerlaubte Verwertung von urheberrechtlich geschützten Werken in mehr als 1,1 Millionen Fällen“. Laut der Generalstaatsanwaltschaft Dresden waren die Angebote eindeutig darauf ausgerichtet,„maximale Gewinne aus Werbung und Abofallen zu erzielen, auf die die Besucher von kino.to gelockt wurden“. Die ersten Urteile im Fall kino.to wurden Ende des Jahres 2011 bereits gefällt.
Die Mitarbeiter der verschiedenen Hierarchieebenen wurden entsprechend ihrer Schwere der Tat unterschiedlich bestraft. So bekam der damals 24-jährige Dennis B., der auf der unteren Ebene angesiedelt war, eine Freiheitsstrafe von 21 Monaten auf Bewährung, nachdem er zuvor 6 Monate in Untersuchungshaft gesessen hatte. Als einer der aktivsten Uploader im System kino.to war er dafür verantwortlich, TV-Serien auf verschiedene Hoster zu laden und die dazugehörigen Links in das kino.to-Datenbanksystem einzutragen. Dafür bekam er jährlich einen vierstelligen Euro-Betrag.
Der damals 47-jährige Michael H., der auf der mittleren Hierarchieebene agierte, beschaffte die Server, mietete die Internetrechner für das Portal an und war für die technische Betreuung und die Kommunikation mit dem Support in den Rechenzentren zuständig. Er verdiente damit mehrere hunderttausend Euro und wurde zu einer Freiheitsstrafe von drei Jahren und fünf Monaten verurteilt, nachdem er zuvor bereits 6 Monate in Untersuchungshaft gesessen hatte.
Das Urteil gegen den damals 28-jährigen Dirk B., dem mutmaßlichen Geschäftsführer und Inhaber von kino.to, fiel noch schwerwiegender aus. Als „Kopf der Gruppe“ auf der oberen Hierarchieebene wurde er zu vier Jahren und sechs Monaten Haft verurteilt. Zudem muss Dirk B. nach dem Urteil der Wirtschaftsstrafkammer des Landesgerichts Leipzig an den Staat bis zu 3,7 Millionen abführen, die er über seine spanische Firma mit Werbung bei kino.to eingenommen hat.
Kurze Zeit nach der Schließung des Portals kino.to hat der ehemalige Mitarbeiter Arvit O. mithilfe einer Datenbankkopie die Plattform kinox.to aufgebaut. Mit dem Betreiben der illegalen Plattform hat er sich der gewerblichen unerlaubten Verwertung urheberrechtlich geschützter Werke in 2.889 Fällen schuldig gemacht. Außerdem wird ihm Computersabotage in zwei Fällen vorgeworfen. Im Dezember 2015 verurteilte das Landgericht Leipzig den heute 29-jährigen Kasachen zu 3 Jahre und 4 Monate Haft. Die Plattform kinox.to wurde dagegen noch nicht gesperrt. Die aktuellen Seiten-Betreiber Kreshnik und Kastriot S., denen Verbindungen zur russischen Cybermafia nachgesagt wurden, werden noch mit internationalem Haftbefehl gesucht.
Stand: April 2016